Vier Gebäude gleichzeitig zu errichten bzw. fertigzustellen, ist schon ein bisschen viel. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass wir hier vor Ort kein Bauunternehmen beauftragen, sondern alles selber anpacken – mit eigens angestellten Maurern und anderen Bauhandwerkern. Obwohl diese Art des Bauens sehr zeitaufwändig ist, da man sämtliche Materialien selbst besorgen muss, hat sie doch auch einige Vorteile. Zum einen können wir die Qualität des Baus besser sicherstellen – es wird eben nicht nur „mit Sand“ gebaut –, und zum anderen liegen die Kosten deutlich niedriger, nämlich bei etwa der Hälfte dessen, was ein Generalunternehmer verlangen würde.
Derzeit befinden sich die beiden folgenden Gebäude im Rohbau:
- ein Kirchen- und Schulzentrum,
- das dritte Waisenheimgebäude für Jungs im Alter von 6 bis 12 Jahren.
Außerdem wird der Innenausbau von zwei weiteren Gebäuden vorangetrieben:
- das Haus des Verwalters (also unser eigenes Heim),
- das zweite Waisenheimgebäude für Mädchen im Alter von 6 bis 12 Jahren.
Der lang ersehnte Bau des ersten Wasserturms ist abgeschlossen. Der Turm muss lediglich noch gestrichen werden; außerdem wird im Untergeschoss noch eine Stahltür eingebaut. Eine Solarwasserpumpe (Spende der Firma Grundfos) wurde an sechs Photovoltaik-Paneele angeschlossen und funktioniert einwandfrei. Durch die Höhe des Gebäudes liefert der Tank mit seinen 10.000 Litern einen Druck von ca. einem Bar. Zwei weitere Tanks in der gleichen Größe können langfristig auf dem Turm aufgestellt werden. Wir danken allen Spendern für ihre intensive Unterstützung dieses wichtigen Projekts und hoffen, dass wir im kommenden Jahr einen weiteren Turm in der gleichen Größe für die andere Seite des Grundstücks errichten können.
Kirche und Schule
Da die ersten unserer Waisenkinder bald sechs Jahre alt werden und dann in die Schule müssen, war es wichtig, mit dem Schulbau zu beginnen. Studenten aus Stuttgart haben die gesamte Schule überhaupt erst möglich gemacht. Der Entwurf ist die Masterarbeit einer Studentin namens Saskia Maier. Zusammen mit ihren insgesamt 12 Kommilitonen, die zwischen August und Weihnachten jeweils während einiger Wochen mithelfen, ist sie auf der Baustelle und packt selbst ordentlich mit an. Wir danken Gott für dieses Engagement, da auch ein Teil der Finanzierung des Projekts durch die Studenten und die Universität Stuttgart abgedeckt wird.
Es ist geplant, auch Kindern aus dem Dorf den Schulbesuch zu ermöglichen. Der Schulbetrieb soll
kostendeckend sein, was bei einer Klassengröße von ca. 15 Schülern je Klasse (und ca. 12 Euro Schulgeld im Monat) der Fall sein würde. Allerdings wird der Unterricht ausschließlich auf Englisch stattfinden, um den Kindern einen weiteren Vorteil für ihre langfristige Zukunft zu geben. Das Gebäude wird ein Ort der Begegnung werden – der Allgemeinbildung mit christlich moralischen Werten. Das friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen wird durch die Begegnung im Kindesalter erlernt und gefördert. Die Küstenregion um unser Waisenheim ist stark muslimisch geprägt; ca. 80% der Menschen gehören zum Islam.
An den Wochenenden soll die Schule als Kirche genutzt werden. Deshalb wird das Gebäude mehr als nur ein Haus der Bildung sein. Es wird gleichzeitig der Kirche der Siebenten-Tags Adventisten in Puna ein neues Zuhause geben.
Das dritte Heimgebäude
Mit dem Bau des dritten Heimgebäudes (für Jungen im Alter von 6 bis 12 Jahren) wurde Ende Juli begonnen. Das Land wurde gerodet, das Schnurgerüst gesetzt, die Streifenfundamente ausgegraben, die Fundamente gegossen. Inzwischen wurde sogar die Bodenplatte fertiggestellt und ein Teil des Mauerwerks begonnen. Die Hilfsorganisation einer großen deutschen Tageszeitung hat uns die finanziellen Mittel für den Bau dieses Gebäudes zur Verfügung gestellt.
Das zweite Heimgebäude
Das zweite Heimgebäude wird in kleinen Schritten weiter ausgebaut. Der Innen- und Außenputz, die meisten Türen und Fenster, die Fliesen in den Bädern und die Sanitärinstallation sind fast abgeschlossen. Was fehlt, ist die Stromversorgung, der Anstrich und der Ausbau des Obergeschosses – der jedoch kurzfristig nicht so wichtig ist, da sämtliche Kinder und das Betreuungspersonal vorübergehend im Erdgeschoss untergebracht sein werden. Das Haus ist für unsere Mädchen im Alter von 6 bis 12 Jahren vorgesehen.
Ausbau des Verwalterhauses
Mit unserer Privatsphäre müssen wir leider noch ein bisschen warten, denn beim Ausbau des Verwalterhauses hat uns der Schreiner mit der Erstellung von Türen und Fenstern im Stich gelassen. Seit Mai hat er trotz ausreichender Anzahlung seine Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Wir versuchen, mit Hilfe des hiesigen Village Chief (ähnlich einem Bürgermeister) das Problem zu lösen und hoffen, dass wir es vielleicht bis Weihnachten schaffen, unser neues Heim zu beziehen.
Volontärprogramm
Seit August wird unser Waisenheim von zwei Volontärinnen unterstützt, die ein freiwilliges soziales Jahr bei uns verbringen. Sie werden von Seiten des „Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ gesponsert (und über das „Weltwärts-Programm“ und „ADRA“ vermittelt). Sie leisten eine wertvolle Unterstützung bei der Betreuung der Kleinkinder und der Bewältigung
der vielen häuslichen Aufgaben.
(Nähere Infos zum BMZ/ADRA-Volontär-Programm unter: http://www.adra.de/mitarbeit/)
Wir sind auch dankbar für die Unterstützung durch einen Volontär aus British Guayana. Dwayne kam über unsere US-amerikanische Partner-Organisation „Restore a Child“ zu uns und leistet wertvolle Arbeit im baulichen Bereich und bei anderen handwerklichen Aufgaben. Alle Volontäre verfügen übrigens über Aufenthalts- und Arbeits- bzw. Praktikumsgenehmigungen, die über den Zeitraum von zwei Jahren gültig sind.
Das Wichtigste – die Kinder
Im letzten Bericht haben wir einen kurzen Abriss über jedes unserer Kinder gegeben. Seitdem haben wir weitere Kinder aufgenommen. Derzeit befinden sich 15 Kleinkinder – davon drei Babys – in unserer Obhut. Der Älteste geht mit sechs Jahren in die Vorschule und der Jüngste ist vor vier Wochen im Alter von drei Tagen zu uns gekommen. Seine Mutter starb bei der Geburt. Wir möchten an dieser Stelle über eine wunderbare Geschichte in Verbindung mit unserem vorletzten Kind berichten.
Dwayne, unser Volontär aus Guayana, fuhr vor ein paar Wochen zusammen mit Beate und einem weiteren Mitarbeiter nach Dar es Salaam, um Einkäufe zu erledigen. Auf dem Weg machten die drei einen kurzen Stopp, um bei jemandem eine kleine Aufmerksamkeit abzuliefern; diese Person hatte uns 150 kg Maismehl geschenkt. Als Dwayne, Beate und
unser Mitarbeiter die Reise fortsetzen wollten, sprang der Motor des in die Tage gekommenen Land Rover nicht mehr an. Es schien an der Elektronik zu liegen. Ein in der Nähe befindlicher Automechaniker konnte das Problem zunächst nicht lösen und rief einen Kollegen herbei. Das ist so ziemlich das Schlimmste, was einem in Afrika auf der Straße passieren kann: eine irreparable Panne. Nach einigen Stunden – ich möchte nicht wissen wie (denn das eigentliche Problem war nicht gelöst) –, konnten die drei wieder den Heimweg antreten. Es war ein wirklich frustrierendes Erlebnis für alle Beteiligten.
Plötzlich sahen sie auf dem Heimweg etwas, das sie sehr bewegte. Auf der Schotterstraße saß ein Kind und hinter ihm eine leicht verwirrte Person, die anscheinend die Mutter war. Es war nichts wirklich Gefährliches an der Situation, und dem Kind schien es gutzugehen. Aber die Szene gab schon Anlass zum Nachdenken. Weil es sich nicht um einen akuten Notfall handelte und man nur wenig tun konnte, fuhren meine Frau und die zwei Begleiter weiter in Richtung Dunia ya Heri. Trotzdem ließ es Dwayne keine Ruhe. So betete er im Stillen und sagte: „Herr, bitte kümmere dich um diese beiden Personen – besonders um das Kind.“ Er kann nicht erklären, wieso er so bewegt war, aber er konnte sich das Gesicht des kleinen Jungen gut einprägen.
Ungefähr zwei Wochen später kamen Sozialarbeiter des „Ministeriums” wieder einmal zu uns, um uns zu bitten, ein Kind aufzunehmen. Dwayne erkannte sofort das Gesicht des kleinen Jun gen, der auf der Straße gesessen hatte. Es gab niemanden, der sich um den Jungen kümmern konnte, außer seiner offenbar psychisch gestörten Mutter. Wir nahmen den kleinen Jungen gerne bei uns auf. Man könnte meinen, es sei ein Zufall gewesen. Aber wir waren davon
überzeugt, dass Gott gerade ein Gebet erhört hatte.
P. ist 16 Monate alt und lebt nun seit ca. sechs Wochen bei uns. Einige seiner Verhaltensauffälligkeiten haben sich schon wesentlich gebessert, und er ist dabei, sich gut einzuleben. Seine Mutter ist leider aus der Klinik, in die sie vom Sozialamt eingeliefert wurde, verschwunden. Niemand weiß, wo sie sich befindet. Unsere Prognose ist, dass P.
auf Dauer bei uns bleiben wird. Er erhält bei uns alles, was ein Kind benötigt: Aufmerksamkeit, Liebe und Geborgenheit.
Es ist wie ein weiteres kleines Wunder: Mit Hilfe einiger großzügiger Spender konnten wir ein neues Fahrzeug erwerben. Es hilft uns bei unseren Fahrten in die Stadt und bei eventuellen medizinischen Notfällen. Auf diese Weise müssen wir uns nicht mehr auf den in die Jahre gekommenen Land Rover verlassen, der uns jetzt schon öfter als wir es uns leisten können, im Stich gelassen hat.
Euer Thomas Küsel